Eine Erklärung nach § 52 FlurbG kann grundsätzlich jeder Flurbereinigungsteilnehmer abgeben. Die Intention, warum sich ein Teilnehmer dafür entschließt sein gesamtes Land oder Teilflächen abzugeben, ist für die Flurbereinigungsbehörde ohne Belang. Die Willenserklärung ist nicht zu hinterfragen und fällt unter die verfassungsrechtliche Vertragsfreiheit. Der Verzicht ist nicht nur zugunsten der Teilnehmergemeinschaft, sondern auch zugunsten sogenannter Dritter möglich. Als Dritte können unter anderen die Gemeinde, Unternehmensträger, anderen Teilnehmern aber auch Nichtteilnehmern wie Pächter oder Siedler sein (vgl. Wingerter/Mayr Rn. 3 zu § 52 FlurbG).  Insbesondere der Verzicht zugunsten Dritter ist heute der Regelfall. Einzige Voraussetzung für die Landverzichtserklärung ist, dass die Erklärung dem Zweck des Verfahrens dient. Der Verzicht muss also den Flurbereinigungserfolg fördern (vgl. Wingerter/Mayr Rn. 3a zu § 52 FlurbG) und Privatnützigkeit sein. Von der Privatnützigkeit muss bei jedem Landverzicht ausgegangen werden, denn eine fremdnützige Verzichtserklärung zugunsten eines Dritten, aufgrund der Willenserklärungen (Verzichtender und Dritter) ist rein aus logischen Gesichtspunkten ausgeschlossen. Zweck der Flurbereinigung ist jeder nach § 37 Abs. 1 oder einer sonstigen speziellen Vorschrift, z.B. §§ 39, 40, 86, 87 Abs. 1 zulässige Zweck. Neben dem Anordnungsgrund sind dies alle allgemeinen Zwecke nach dem FlurbG. Die Flurbereinigungsbehörde soll alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen (vgl. Wingerter/Mayr Rn. 8 zu § 54 FlurbG). Bei einem Regelverfahren nach den §§ 1, 37 FlurbG sind alle Landverzichtserklärungen Zweck des Verfahrens, wenn

  1. Die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft verbessert werden
  2. Die allgemeine Landeskultur gefördert wird
  3. Die Landentwicklung gefördert wird
  4. Die Landschaftsstruktur verbessert wird
  5. Grundbesitz besser eingeteilt und geformt werden kann
  6. Grundbesitz zusammengelegt werden kann
  7. Investive Maßnahmen möglich werden
  8. Bodenschützende oder –verbessernde und landschaftsgestaltende Maßnahmen möglich werden
  9. Wirtschaftsbetriebe sich dadurch verbessern (Verminderung Arbeitsaufwand und Erleichterung der Bewirtschaftung)
  10. Dorferneuerungsmaßnahmen durchgeführt werden können
  11. Die rechtlichen Verhältnisse verbessert werden

Der Zweck des Verfahrens muss auch nicht sofort eintreten, die Verbesserung bzw. der Flurbereinigungserfolg muss sich lediglich erahnen lassen. Auch bei Landverzichtserklärungen gilt § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, nachdem der Landverzicht den Interessen der Beteiligten entsprechen muss. Vom Interesse des Verzichtenden und des Dritten muss aufgrund der Willenserklärungen immer ausgegangen werden.

Beispiele:

  1. Ein Eigentümer verzichtet auf Agrarland zugunsten seines Pächters oder eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes (Neben- oder Haupterwerb). Die Aufstockung von Eigentumsland von Agrarbetrieben verbessert die Lebensfähigkeit dieser Betriebe. Durch mehr Eigentumsland ist der Agrarbetrieb nicht mehr von Verpachtungsentscheidung abhängig, der Agrarbetrieb wird kreditfähiger (Eigentum dient als Haftungsgrundlage) und der Verwaltungsaufwand für den Agrarbetrieb wird verringert. Durch die Aufstockung kann die Flurbereinigungsbehörde oftmals besser neu verteilen.
  2. Verzicht auf Agrarland zugunsten eines Nichtlandwirtes. Handelt es sich bei dem Nichtlandwirt um einen Flurbereinigungsteilnehmer, der bereits Agrarland besitzt, ist durch den Erwerb des Abfindungsanspruches eine verbesserte Neuverteilung möglich und der Verzicht dient dem Flurbereinigungszweck. Die Vergrößerung der Eigentumsflächen in der Nähe des Wohnortes fördert die Landentwicklung, weil die Verbundenheit von Wohnort und Eigentumsflächen gestärkt wird. Verfolgt der Nichtlandwirt die Absicht eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, ist im Sinne der Landentwicklung und Landschaftsstruktur der Zweck erfüllt, denn die Entwicklung einer vielfältigen Landwirtschaft ist im Sinne des FlurbG. Beabsichtigt ein Nichtlandwirt und Nichtteilnehmer den Erwerb von Agrarland aus reiner Geldanlage, wäre der Zweck nicht erfüllt. Die Tatbestände für eine Versagung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz gelten auch bei Landverzichtserklärungen.
  3. Verzichtserklärungen zwischen Nachbareigentümern. Entweder in Form von Splitterflächen zur Verbesserung der Grundstücksformen oder größeren Flächen zur Erweiterung der Gebäude-/Hofflächen sind regelmäßig Zweck des Verfahrens. Die Eigentumserweiterung verbessert den eigenen Grundbesitz und damit fördert es die Landentwicklung, denn hierdurch erfolgen regelmäßig Investitionen, landschaftsgestaltende Maßnahmen oder Dorferneuerungsmaßnahmen.
  4. Verzichtserklärungen zugunsten von Gebietskörperschaften, Vereinen oder Behörden. Egal ob Kleinstflächen für Straßen oder große Agrarflächen, der Zweck der Flurbereinigung ist immer erfüllt. Durch Flächenankauf werden investive Maßnahmen möglich oder sind vorbereitend für bodenorderische Maßnahmen. Selbst der Erwerb nur zur Aufstockung der fiskalischen Grundstücke (z.B. Wald oder verpachtbare Agrarflächen) dient der Landentwicklung, weil letztlich durch ein diversifizierte Geldanlage die Kommune und die dort lebenden Menschen profitieren. Auch der Erwerb von Bauland zugunsten der Gemeinde kann nachhaltig die Landentwicklung fördern und führt zu investiven Maßnahmen.
  5. Verzicht von Miteigentumsanteilen. Der Zweck der Flurbereinigung wäre hier gegeben, wenn sich dadurch voraussichtlich bessere Zusammenlegungsmöglichkeiten ergeben. Bsp.: A und B sind Miteigentümer. A verzichtet zugunsten von B. B hat noch weiteres Alleineigentum. Eine Aufstockung von Grundeigentum von Forst- und Agrarbetrieben wird auch dadurch gewährleistet, wenn lediglich Miteigentumsanteile erworben werden. Im Sinne der Landentwicklung und zur Verbesserung der privaten Investitionsmöglichkeiten ist ein Verzicht von Miteigentumsanteilen sinnvoll und wäre zu fördern. Ein Verzicht nur um Kosten (Notar, Grundbuchamt) zu sparen ist abzulehnen. Bsp.: A und B trennen sich und A verzichtet zugunsten von B auf den Miteigentumsanteil. Der Flurbereinigungserfolg würde durch so einen Verzicht nicht verbessert.
  6. Verzicht als Hilfe bei der Auflösung von Erbengemeinschaften. Erbteilsübertragungen können nur notariell beurkundet werden, möglich ist aber der Verzicht aller Erben zugunsten eines Dritten. Wenn der Dritte ein Erbe ist (Bsp.: A, B und C als Erbengemeinschaft verzichten zugunsten von B) gelten die selben Grundsätze, wie beim Verzicht auf Miteigentumsanteile, ansonsten wie beim normalen Verzicht.
  7. Verzicht bei schwierigen Eigentumssituationen. Es kommt ab zu vor, dass im Grundbuch Eigentümer eingetragen sind, die verstorben sind, die Erben bereits verstorben sind, Erbscheine fehlen, der Aufenthalt unbekannt ist oder Eigentümer verschollen sind. Gerade bei kleinen Grundstücken ohne großen Wert gibt es kaum Interesse die Eigentumssituation im Grundbuch berichtigen zu lassen. Selbst wenn sich Miterben oder Miteigentümer darum kümmern wollen, scheitern diese oft. Die Auflösung dieser Gemeinschaften und Eintragung von lebenden Eigentümern/Berechtigten ist im privaten und öffentlichen Interesse und sollte durch die Flurbereinigungsbehörde unterstützt werden.

Die Landverzichtserklärung ist eines der wichtigsten Instrumente in der Flurbereinigung und dient einerseits der Eigentümern, aber auch der Flurbereinigungsbehörde. Rasch und billig können grundbuchrechtlich gesicherte Ansprüche übertragen werden und der Flurbereinigungserfolg kann teilweise bereits vor dem Flurbereinigungsplan erreicht werden. Das Instrument ist daher nicht restriktiv einzusetzen.

26.09.2016
Ivo Partschefeld