Behördliche Prüfungs- und Genehmigungserfordernis von Landverzichtserklärung gem. § 52 FlurbG zugunsten eines bestimmten Dritten

Ein Teilnehmer kann mit seiner Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden (§ 52 FlurbG). Die Landverzichtserklärung muss schriftlich (§ 52 Abs. 2 FlurbG; § 126 BGB; Notarvertrag: § 311b Abs. 1 BGB) sein und ist eine einseitige bedingungsfeindliche Willenserklärung (§ 925 Abs. 2 BGB). Diese kann nur bis zum Zugang bei der Behörde (§ 130 BGB) widerrufen werden. Aus der Verzichtserklärung muss der Verzicht ersichtlich sein und dass der Vollzug im Flurbereinigungsverfahren erfolgen soll. Weitere Formvorschriften werden nicht gefordert. Gleiches gilt auch für den Verzicht zugunsten eines bestimmten Dritten (§ 52 Abs. 3 S. 4 FlurbG). Hier bedarf es zusätzlich der Willenserklärung (Unterschrift) des Erwerbers, weil dieser den Abfindungsanspruch des Verzichtenden erwirbt und als Anwartschaftsberechtigter fast alle Pflichten und Rechte dann an dem Grundstücksteil erhält.
Der Verzicht darf die bürgerlich-rechtlichen Schutzvorschriften nicht umgehen und muss dem Zweck des Verfahrens entsprechen. Ob die Voraussetzungen gegeben sind, hat die Aufsichtsbehörde wirksam gem. § 58 Abs. 3 FlurbG (vgl. Seehusen/Schwede Rdnr. 3a zu § 52 FlurbG) zu kontrollieren.
 
Die Flurbereinigungsbehörde (in SN die TG) muss den Verzicht gegenüber dem Verzichtenden oder dem Dritten als mitwirkungspflichtigen Verwaltungsakt annehmen oder ablehnen. Die Annahme eines Verzichtes zugunsten der Teilnehmergemeinschaft hat die Behörde gem. § 17 Abs. 2 FlurbG zu genehmigen oder abzulehnen (siehe BFH vom 22.02.1974 Az: III R 34/73).
 
Eine Verzichtserklärung kann auch ohne Benennung eines konkreten Preises abgegeben werden (vgl. Seehusen/Schwede Rdnr. 2a zu § 52 FlurbG: „Im Antrag auf Zahlung des Verkehrswertes …“). Erst mit dem Einverständnis über die Höhe der Geldabfindung und der Auszahlung kann eine Änderung der Geldabfindung nicht mehr verlangt werden. Es kann somit ein langer Zeitraum zwischen Verzichtserklärung (inkl. Annahme und Eintragung Verfügungsverbot) und dem Einverständnis über die Höhe der Geldabfindung (inkl. Auszahlung) liegen. Wenn ein Teilnehmer nur dem Grunde nach verzichtet, und es zu keiner Einigung über den Geldausgleich kommt, muss der Betrag nach § 54 FlurbG per Verwaltungsakt festgesetzt werden (Seehusen/Schwede Rdnr. 1 zu § 52 FlurbG).
 
Im Lichte des § 433 Abs. 2 BGB sollte jedoch in der Verzichtserklärung ein Kaufpreis vereinbart werden, obwohl die Verzichtserklärung kein Kaufvertrag (vgl. Seehusen/Schwede Rdnr. 4a zu § 52 FlurbG) ist.
 
Der Anspruch auf Geldabfindung ist öffentlich rechtlich, jedoch muss nicht unbedingt die Behörde dies regeln. Den Ausgleich können die betreffenden Beteiligten auch unter sich herbeiführen. Eine derartige Regelung zwischen Verzichtenden und dem Dritten/ der TG hat bürgerlich-rechtlichen Charakter (BGH vom 11.05.1989 Az.: III ZR 221/87).
 
Mit der Unwiderruflichkeit erlischt der Abfindungsanspruch und an dessen Stelle tritt das dingliche Recht der Geldabfindung. Auch wenn die Höhe der Geldabfindung noch nicht bekannt ist, besteht dieses Recht, dass per Leistungsklage (Erlass eines Verwaltungsaktes gem. § 54 FlurbG) eingefordert werden kann.
 
Die Geldabfindung muss angemessen sein, aber sich nicht streng an die Wertermittlungsergebnisse halten, sondern nur zugrunde legen (Seehusen/Schwede Rdnr. 1 zu § 53 FlurbG). Gem. Seehusen/Schwede Rdnr. 2 zu § 27 und Rdnr. 11 zu § 103f FlurbG liefert die Wertermittlung nur Anhaltspunkte für die Angemessenheit von Geldabfindungen.
 
Bei Festlegungen durch die Behörde mittels Verwaltungsakt ist die Angemessenheit der Geldabfindung mit „Verkehrswert“ nicht gleichzusetzen und es gibt auch keinen Ermessensspielraum (Seehusen/Schwede Rdnr. 6 zu § 50 FlurbG). Die Angemessenheit ist wie in Art 14 GG zu verstehen („… unter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten ..“) und gilt für alle Geldansprüche. Geldansprüche sind im FlurbPlan oder vorab in Verwaltungsakten festzusetzen und können auch vor der Ausführungsanordnung zum Fälligkeitszeitpunkt erfüllt werden, wenn sie unstreitig sind.
 
Die Regelung über die Höhe der Geldabfindung in einer Landverzichtserklärung zwischen einem Verzichtenden und einem Dritten treffen allein beide Parteien auf zivilrechtlicher Basis. Der Behörde steht es nicht zu, hier Änderungen vorzunehmen. Die Willenserklärungen müssen, analog wie ein Notar, geprüft werden (vgl. § 14 BNotO). In erster Linie ist dies die Geschäftsfähigkeit der Parteien, das keine unerlaubten oder unredlichen Zwecke verfolgt werden (soweit erkennbar) und die Erklärung nicht sittenwidrig (§ 138 BGB) herbeigeführt wurde. Die Verweigerung der Annahme der Landverzichtserklärung per Verwaltungsakt nur aufgrund eines Preises, der extrem vom Bodenrichtwert bzw. der Wertermittlung abweicht, kann nicht plausibel begründet werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Angemessenheit der Geldabfindung und –ausgleich im § 54 FlurbG mit Verweis auf Art 14 GG bezieht sich somit ausschließlich auf vom Staat (Flurbereinigungsbehörde) festgelegte Preise. Dies bestätigt ebenfalls die Überschrift „Berechnung der Geldansprüche“ des § 54 FlurbG.
 
Selbst ein Verzicht für 1 € wird deswegen nicht ablehnbar sein. Ein Notar darf wegen seiner Unparteiigkeit auch nicht wegen vermuteter Dissens zwischen Wert und Kaufpreis die Beurkundung ablehnen, noch hat er erweiterte Beratungs- und Aufklärungsfunktion. Anders kann es sich bei der Ablehnung/Annahme (Verwaltungsrecht) einer Landverzichtserklärung auch nicht verhalten. Der Staat hat keine gesetzliche Möglichkeit oder Pflicht in die Willensbekundung der Beteiligten im Zusammenhang mit der Einigung über den Kaufpreis einzugreifen. Der Wille ist auf das Prinzip der Privatautonomie zurückzuführen und das ist Teil unserer Gesellschaftsform. Weiterhin würde es gegen das herrschende Wirtschaftssystem verstoßen, wenn der Preis nicht frei vereinbart werden könnte.
 
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Staat Nachteile von einem zu niedrigem Kaufpreis hat. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich gem. § 8 GrEStG nach dem Wert und nicht zwingend nach dem Kaufpreis. Außerdem läge ein Scheingeschäft vor, wenn aus Gründen der Steuerersparnis oder Verwendung von Schwarzgeldern ein niedrigerer Kaufpreis angegeben wird, als tatsächlich vereinbart wurde. Dieses Geschäft wäre einerseits nichtig und zöge andererseits ein Strafverfahren (insb. wegen Steuerhinterziehung) mit sich. Bei vermuteter wesentlicher Differenz zwischen Kaufpreis und Wert müssten die Beteiligten darüber aufgeklärt werden, kann aber nicht abgelehnt werden. Wenn erkennbar der Preis im Hinblick auf Steuerhinterziehung und Schwarzgeld vorsätzlich niedrig angegeben wurde, müsste abgelehnt werden. Die Beweislast läge bei der Behörde. Da der Versuch einer Steuerhinterziehung ebenfalls strafbar ist, hat die Behörde gem. § 116 AO dies auch zur Anzeige zu bringen.
 
Die Genehmigung einer Landverzichtserklärung durch die Aufsichtsbehörde kann einerseits gem. § 58 Abs. 3 FlurbG erfolgen oder (sofern nach Landesrecht die Flurbereinigungsbehörde die TG ist) nach § 17 Abs. 1 FlurbG wenn Verwaltungsvorschriften dies regeln.
 
Fazit:
 
Eine Prüfung der Angemessenheit von zivilrechtlich vereinbarten Geldabfindung steht der Behörde nicht zu. Der § 54 FlurbG bezieht sich ausschließlich auf Festlegungen der Behörde. Bei starker Abweichung vom vermuteten Wert und Kaufpreis sind die Beteiligten hinsichtlich Scheingeschäften aufzuklären.
 
Der Verwaltungsakt Annahme einer Landverzichtserklärung zugunsten eines Dritten kann nur nach § 58 Abs. 3 FlurbG oder falls Verwaltungsvorschriften dies regeln gem. § 17 Abs. 1 FlurbG genehmigt werden.
 
Beispiel Prüfung des Preises einer Landeverzichtserklärung gem. § 52 FlurbG
 
Ausgangslage:
Eigentümer X verzichtet zugunsten Landwirt Y auf ein Grundstück. Landwirt Y will mit Wissen von X auf dieses Grundstück einen Stall neu bauen.
 
Prüfung:
In der vorliegenden Verzichtserklärung lässt sich keine Unstimmigkeit im Preis und Wert feststellen bzw. vermuten. Der Preis stimmt exakt mit den Wertermittlungsergebnissen überein. Angrenzende Eigentümer haben zwischen x,xx €/m² bis x,xx €/m² ebenfalls an Landwirt Y verkauft, dies auch im Wissen, dass ein Stall gebaut werden soll. Allein die Tatsache, dass Landwirt Y einen Stall auf diesen Flächen errichten wollen, rechtfertigt keinen wesentlich höheren Preis. Dieses Bauvorhaben ist gem. BauGB lediglich privilegiert. Landwirtschaftliche Gebäude werden stets im Außenbereich neu errichtet und die Lage kann relativ frei gewählt werden. So hätte Landwirt Y auch westlich vom jetzigen Betriebsgelände bauen können. Diese Fiktion gibt aber deswegen keinen Anlass, die Flächen höher zu bewerten.
 
Es gibt weiterhin keine Grundstücksmerkmale die subjektives Bauerwartungsland erahnen lassen. Es sind und bleiben (auch durch eine landwirtschaftliche Bebauung) Flächen für die Land- und Forstwirtschaft im Sinne des Entwicklungszustandes.
 
Auch kann nicht von begünstigtem Agrarland gesprochen werden, weil die Definition besagt, dass solche Flächen außerlandwirtschaftlich oder außerforstwirtschaftlich geeignet wären.
 
Da, im Sinne des Entwicklungszustandes, unterhalb von begünstigtem Agrarland nur Agrarland in Frage kommt, ist die Geldabfindung angemessen in Hinblick auf eine mögliche Feststellung per Verwaltungsakt gem. § 54 FlurbG.