In einem Freiwilligen Landtausch war zu prüfen, ob die Gemeinde ein mögliches gesetzliches Vorkaufsrecht im Zuge des Verfahrens wahrnehmen kann. Zwei Flurstücke sollten getauscht werden, wobei das eine Flurstück in einem bestandskräftigen B-Plan Gebiet liegt mit der baulichen Nutzungsvorgabe "Gewerbegebiet" und (teilweise) "öffentl. Verkehrsfläche".

Zunächst stellte sich die Frage, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht überhaupt entstehen kann, wenn die  Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan Gewerbegebiet vorsieht. Dies kann bereits anhand des § 24 BauGB verneint werden, denn § 24 Abs. 1 BauGB ist hinsichtlich der Entstehung des Vorkaufsrechts abschließend. Es kann somit kein Vorkaufsrecht an ausgewiesenen Gewerbeflächen entstehen, weil § 24 Abs. 1 BauGB dies nicht vorsieht. Sofern auf dem Flurstück auch Flächen im B-Plan ausgewiesen sind, die die Nutzung für öffentliche Zwecke (z.B. Verkehrsflächen) entsprechend § 9 BauGB vorsieht, könnte für diese Flächenteile ein Vorkaufsrecht entstehen. Besteht ein Vorkaufsrecht auf Teilflächen (z.B: Verkehrsfläche), ist eine Erweiterung des Vorkaufsrechts auf andere Flächenteile (Gewerbeflächen) im Lichte des § 95 Abs. 1 S. 1 BauGB i.V.m. § 24 BauGB nicht möglich. Im Vorkaufsfall könnte die vorkaufsberechtigte Gemeinde lediglich auf die Teilfläche ihr Vorkaufsrecht ausüben.

Im zweiten Schritt war zu prüfen, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht im Freiwilligen Landtausch oder einem anderen Verfahren nach Flurbereinigungsgesetz Berücksichtigung finden muss. Sofern die politische Gemeinde nicht selbst am Verfahren teilnimmt, ist sie grundsätzlich nur Nebenbeteiligte gem. § 10 Nr. 2a FlurbG. In einem Freiwilligen Landtausch gem. §§ 103a ff FlurbG müssen gem. § 103b Abs. 1 FlurbG nur die betroffenen Rechtsinhaber dem Landtausch zustimmen/genehmigen. Zu den Rechtsinhabern sind entsprechend der FlurbG-Kommentierung (Wingerter/Mayr Rn. 1a zu § 103b FlurbG) nur die dinglichen Rechtsinhaber zu zählen. Ein gesetzliches Vorkaufsrecht ist kein dingliches Recht! Gesetzliche Vorkaufsrechte verbleiben entsprechend § 68 Abs. 1 S. 2 FlurbG in alter Lage (vgl. Wingerter/Mayr Rn.3 zu § 49 FlurbG) und bedürfen keiner separaten Betrachtung. Selbst eine Landverzichtserklärung gem. § 52 FlurbG zugunsten eines Dritten stellt keinen Verkaufsfall dar und ein Vorkaufsrecht (gesetzliches oder dingliches) kann nicht entstehen. Durch den Landtausch wird das Vorkaufsrecht somit weder umgangen, noch besteht dieses Recht, weil kein Vorkaufsfall eintritt. Dies kann auch anhand des letzten Prüfschrittes nachvollzogen werden.

Letztlich wurde der Vergleich zu einem privatrechtlichen Grundstückstauschvertrag gem. § 480 BGB gezogen. Auch hier ist die Kommentierung (jurisPK-BGB Band 2 zu § 463 BGB und Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger zu § 24 BauGB) und Rechtsprechung eindeutig. Regelmäßig tritt ein Vorkaufsfall nicht ein, wenn ein Grundstückstauschvertrag vorliegt. Selbst wenn neben dem Grundstückstausch eine Geldzahlung (z.B. als Wertdifferenz) vereinbart wurde, tritt das Vorkaufsrecht i.d.R. nicht ein, weil neben der Geldzahlung die weitere geschuldete Gegenleistung (die Tauschflurstücke) vom Vorkaufsberechtigten nicht erbracht werden kann. Vgl. OLG Düsseldorf vom 26.05.2010 Az.: I-3 Wx 90/10, 3 Wx 90/10, aber auch die o.g. Kommentierungen.

Fazit:
Ein gesetzliches Vorkaufsrecht kann in einem Flurbereinigungsverfahren nicht eintreten, denn ein Vorkaufsfall entsteht nicht.

 

31.08.2017
Ivo Partschefeld