Dieses Verfahren ist am umfangreichsten und bietet damit die größten Möglichkeiten. Viele verschiedene Probleme sollen gelöst und möglichst viele Verbesserungen im Flurbereinigungsgebiet eintreten. Nicht nur der Aus- und Neubau von land- und forstwirtschaftlichen Wegen soll erfolgen, sondern auch in den Hochwasserschutz, Naturschutz, Landschaftspflege, Dorfentwicklung und Bodenschutz soll investiert werden. Neben den genannten investiven Maßnahmen ist die Bodenordnung eine wichtige Säule im Verfahren. Zu erwähnen sei die komplette Neuvermessung des Verfahrensgebietes, die rechtliche Regelung der Erschließung aller Grundstücke und die Regulierung von Rechten Dritter. Langfristig und nachhaltig kann durch Bodenordnung das Grundeigentum werterhöhend verbessert werden.

Ziele des Verfahrens

  • Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft (§ 1 FlurbG)
  • Förderung der allgemeinen Landeskultur (§ 1 FlurbG)
  • Förderung der Landentwicklung (§ 1 FlurbG)
  • Grundbesitz neu gestalten und neu ordnen (§§ 1 und 37 FlurbG)
  • Zersplitterter oder unwirtschaftlich geformter Grundbesitz zusammenlegen und Lage, Form und Größe zweckmäßig gestalten  (§ 37 Abs. 1 FlurbG)
  • Wege, Straßen, Gewässer und andere gemeinschaftliche Anlagen schaffen (§ 37 Abs. 1 FlurbG)
  • bodenschützende sowie –verbessernde und landschaftsgestaltende Maßnahmen vornehmen (§ 37 Abs. 1 FlurbG)
  • Maßnahmen welche die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe verbessert, Arbeitsaufwand vermindert und Bewirtschaftung erleichtert (§ 37 Abs. 1 FlurbG)
  • Dorferneuerungsmaßnahmen (§ 37 Abs. 1 FlurbG)
  • rechtliche Verhältnisse ordnen (§ 37 Abs. 1 FlurbG)

Anordnungsvoraussetzungen

  • Anordnung bestimmt die obere Flurbereinigungsbehörde von Amts wegen ohne Antrag, Zustimmung oder Abstimmung (§ 4 FlurbG)
  • Flurbereinigung muss erforderlich sein (§ 4 FlurbG)
  • Interesse der Beteiligten muss gegeben sein (§ 4 FlurbG)
  • Aufklärung der voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer über das Verfahren und die voraussichtlichen Kosten (§ 5 Abs. 1 FlurbG)
  • Anhörung/Unterrichtung Träger öffentlicher Belange (§ 5 Abs. 1 und 2 FlurbG)
  • Privatnützigkeit im Vordergrund

Wie erreiche ich, dass ein Verfahren angeordnet wird?

Obwohl ein Antrag für die Anordnung ohne Belang ist, sollte ein solcher bei der zuständigen Oberen Flurbereinigungsbehörde gestellt werden. Hierzu sind wichtige Akteure und Persönlichkeiten zu finden, die ebenfalls ein solches Verfahren unterstützen. Beispielhaft sind folgende Gremien und Personen zu benennen:

  • Stadt- oder Gemeinderat
  • Ortschaftsrat und dessen Vorsteher
  • Bürgermeister
  • Abgeordnete von Kreis-, Land- und Bundestag
  • landwirtschaft- und forstwirtschaftliche Bewirtschafter
  • land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung
  • Grundstückseigentümer mit großen Eigentumsanteilen
  • Gewerbetreibende
  • Naturschutzverbände

In diesem Antrag sollen bereits herrschende Probleme angesprochen werden, die im Flurbereinigungsverfahren gelöst werden können. Hier verweise ich auf die o.g. Ziele und gebe folgende Beispiele:

  • schlechtes land- und forstwirtschaftliches Wegenetz in Quantität und/oder Qualität
  • Erosion- und Hochwasserprobleme
  • zersplitterter Grundbesitz und dadurch hohe Pflugtauschrate
  • Grundstücke die rechtlich nicht erschlossen sind (öffentl. Wege oder Wegerechte)
  • öffentliche Wege auf privaten Grundstücken
  • die genauen Grundstücksgrenzen sind unbekannt
  • die Nutzungsgrenzen entsprechen nicht den Grundstücksgrenzen

Da es einen Einleitungsanspruch für ein Beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren gem. § 93 Abs. 1 FlurbG gibt, sollte zunächst ein Antrag auf Durchführung eines solchen Verfahrens gestellt werden, außer der Antragsteller erkennt bereits, dass diese Verfahrensart nicht zutreffend ist. Die Einleitungsphase (die Flurbereinigungsbehörde befasst sich mit dem Gebiet und den Grundstückseigentümern) kann dazu führen, dass ein Regelflurbereinigungsverfahren eher angeordnet wird.

Wie kann ich erfolgreich ein Flurbereinigungsverfahren verhindern?

Eine Flurbereinigungsbehörde wird i.d.R. kein Verfahren durchführen, wenn der Widerstand erheblich ist. Andere Gemeinden und deren Grundstückseigentümer warten gerade auf ein Flurbereinigungsverfahren und werden sich freuen, wenn sie vorrutschen.

Als Flurbereinigungsgegner suchen Sie Mitstreiter vor allem bei wichtigen Akteuren und begründen Sie gemeinsam, warum ein Flurbereinigungsverfahren nicht notwendig ist bzw. welche negativen Auswirkungen sie befürchten.

Beachten Sie:

Es kommt nicht selten vor, dass Initiatoren sich aus artfremden negativen Überlegungen oder Ereignissen zu Flurbereinigungsgegnern entwickeln und mit Horrorszenarien (Enteignung, Kostenexplosion) Stimmung machen. Bevor Sie zum Mitläufer werden, reden Sie mit der Flurbereinigungsbehörde! Die Behördenmitarbeiter werden Ihnen mit Sicherheit alle Fragen beantworten können und Ihnen auch grob die Zukunft „vorhersagen“. Sind Sie weiterhin skeptisch und wollen das Ruder nicht ganz aus der Hand geben, so stellen Sie sich zur Wahl für den Vorstand, denn der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft führt die Geschäfte (§ 25 FlurbG). Hier werden engagierte und kritische Personen immer gebraucht.

Sind Sie trotzdem weiterhin gegen die Flurbereinigung, dann werden Sie gute Gründe dafür haben und die üblichen Verfahrensvorteile kommen in Ihrer Gemeinde nicht zum tragen.

 

Fehlerhafte Anordnung

Sobald das Verfahren angeordnet ist und die Widerspruchsfrist läuft, kann nur mit Hilfe von Rechtsmitteln (Widerspruch, Klage) gegen das Verfahren vorgegangen werden. Obwohl ein Widerspruch nicht begründet werden muss, hilft es dies dennoch zu tun um die vermeintlichen Fehler der Behörde aufzuzeigen, denn spätestens mit Klageerhebung liegt die Beweiskraft beim Kläger.

Materielle Fehler

Die Anordnung liegt im Ermessen der oberen Flurbereinigungsbehörde, daher kann materiell nur die Ermessensausübung geprüft werden. Einen Ermessensfehlgebrauch nachzuweisen, ist meist sehr schwierig, hier verweise ich auf den Wikipedia Artikel „Ermessen“. Materielle Fehler bei der Anordnung können zum Beispiel vorliegen, wenn:

  • objektiv gesehen die Flurbereinigung nicht erforderlich ist. Die Begründung zur Anordnung sollte von einer neutralen Person geprüft werden.
  • objektiv kein Interesse der Beteiligten vorliegt. Subjektives Interesse ist dabei irrelevant. Selbst wenn die Mehrheit gegen eine Flurbereinigung ist, kann objektives Interesse vorliegen. Das objektive Interesse ist das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten.
  • die Begrenzung des Flurbereinigungsgebietes nicht mit den Zielen des Flurbereinigungsverfahrens übereinstimmen.
  • die Privatnützigkeit des Flurbereinigungsverfahrens nicht Vordergrund steht.
  • Wenn eine andere Verfahrensart (z.B. Vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren, Beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren) ausreicht oder geboten ist (Unternehmensflurbereinigung), dann kann kein Regelflurbereinigungsverfahren angeordnet werden.
  • mit den aufgeklärten voraussichtlichen Kosten gem. § 5 Abs. 1 FlurbG die Ziele des Verfahrens sich nicht verwirklichen lassen.

Formelle Fehler

Die erfolgreiche Anfechtung von formellen Fehlern führen meistens lediglich zur Verfahrensverzögerung, denn solche Fehler sind i.d.R. heilbar. Beispiele können sein:

  • falsche Behörde ordnet das Verfahren an
  • Fehler bei der Bekanntgabe; siehe  § 110 FlurbG und die jeweilige Bekanntmachungsverordnung der Gemeinde/Stadt
  • keine oder unzureichende Aufklärung gem. § 5 Abs. 1 FlurbG
  • Fehlende Anhörung/ Unterrichtung von Trägern öffentlicher Belange gem. § 5 Abs. 2 und 3 FlurbG
  • fehlende Begründung; Begründung nur aus Textphrasen und –floskeln oder widersprüchliche Begründung

Anfechtung nach Bestandskraft

Ist die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen und der Anordnungsbeschluss bestandskräftig, so empfiehlt es sich nicht, dagegen vorzugehen. Die Hürden sind zu hoch. Auch neue Eigentümer oder Erben müssen die „verpasste Widerspruchsfrist“ gem. § 15 FlurbG gegen sich gelten lassen.