BVerwG vom 18.11.2002 (Az.: 9 CN 1/02)

  1. § 58 Abs. 4 FlurbG trägt dem Gedanken der Nachhaltigkeit der Flurbereinigung Rechnung, der auch für das Wegenetz gilt, das im Zuge der Flurbereinigung als "Gerippe" für die darauf bezogene Bodenneuordnung geschaffen worden ist.
  2. Eine Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG setzt voraus, dass die Interessenlage, die für die als Satzung bindenden Festsetzungen des Flurbereinigungsplans (vgl. § 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG) maßgeblich war, nicht unverändert fortbesteht. Bei dem Wegenetz kann eine Änderung der Interessenlage daraus resultieren, dass Straßen oder Wege die ihnen ursprünglich zugedachte Verkehrsbedeutung nicht erlangen oder nachträglich verlieren, so dass eine Einziehung in Betracht kommt.
  3. Soll die Einziehung die Veräußerung einer Wegeparzelle an einen der Anlieger vorbereiten, der sie ausschließlich für seine Zwecke nutzen will, so sind bei Erlass der Änderungssatzung insbesondere die damit verbundenen Betroffenheiten anderer Anlieger in den Blick zu nehmen, die an der Flurbereinigung teilgenommen haben. Diese können geltend machen, dass die der Entwidmung nachfolgende Veräußerung der Wegeparzelle ihre rechtlich geschützten Interessen berührt.
  4. Anders als bei der Entscheidung über die Einziehung braucht sich ein Anlieger, dem ein Verzicht auf ihm nach dem Flurbereinigungsplan bestimmungsgemäß zukommende Erschließungsvorteile zugemutet werden soll, im Rahmen der Anwendung von § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG nicht entgegenhalten zu lassen, dass seine Grundstücke weiterhin "hinreichend" erschlossen bleiben.
  • Antragsbefugnis auf Normenkontrolle, wenn Antragsteller hinreichende substantiierte Tatsachen vorträgt, dass eine Rechtsverletzung möglich erscheint.
  • Wenn der Antragsteller ein (ehem.) Flurbereinigungsteilnehmer ist, zu dessen Gunsten Verfügungsbeschränkungen angeordnet wurden, kann angenommen werdem, dass eine mögliche Rechtsverletzung vorliegt --> Normenkontrollantrag muss angenommen werden. Die gesteigerte Betroffenheit des Antragstellers muss vorgetragen werden.
  • Änderungen von Festsetzungen im Flurbereinigungsplan bedürfen einer Satzung (z.B.: Ein Weg soll keine gemeinschaftliche Anlage mehr sein)
  • Erschließungswege verschaffen Erschließungsvorteile, die durch entschädigungslosen Landabzug und Flurbereinigungsbeiträge geschaffen wurden. 
  • Durch die Flurbereinigung geschaffene private Vorteile sind schutzwürdige Rechtspositionen.
  • Entzug von Rechtspositionen (Landabzug) ist mit der Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn Ausgleich von privaten Interessen einhergeht (Privatnützigkeit)
  • Landabzug = zulässige Inhalts- und Schranlenbestimmungen nach Art 14 Abs. 1 S. 2 GG
  • Landabzug steht im unlösbaren Zusammenhang mit dem Grundatz der wertgleichen Abfindung
  • Flurbereinigungsvorteile können nachträglich nicht wieder entzogen werden. Das Ergebnis der Flurbereinigung und die eintretenden volks- und betriebswirtschaftlichen Erfolge sind nachhaltig zu sichern. Dies bewirkt § 58 Abs. 4 FlurbG.
  • Die Unterhaltungspflicht des Wegenetzes dient der nachhaltigen Verwirklichung der Ziele der Flurbereinigung
  • Auferlegung der Unterhaltungslast an die Gemeinde von privaten Straßen und Wegen oder Widmung für den Gemeingebraucht im Flurbereinigungsplan
  • Änderungssatzungen dürfen nicht ergehen, wenn öffentliche Interessen oder wichtige wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten  entgegenstehen.
  • Prüfung von begünstigenden Festsetzungen beim Erlass einer Änderungssatzung mit den für die Änderung sprechenden öffentlichen ider sonstigen Belange
  • Sollen Erschließungswege beseitigt werden, ist die Stellung der Betroffenen zu berücksichtigen unabhängig davon, dass kein Anspruch auf Aufrechterhalten des Gemeingebrauchs besteht.
  • Gemeinschaftliche Anlagen unterliegen einem flurbereinigungsrechtlichen Sonderregime, für dessen Änderungen/Aufhebungen es einer Gemeindesatzung bedarf.
  • Abwägung der öffentlichen Interessen, der gemeinschaftlichen Interessen und der rechtlichen schutzwürdigen Interessen einzelner Teilnehmer, wenn durch Satzung Wege und STraßen aus dem flurbereinigungsrechtlichen Sonderregime entlassen werden sollen.
  • Wege mit Erschließungsfunktion müssen im Abwägungsprozess Beachtung finden. Der konkrete Erschließungsvorteil des zu ändernden/aufzuhebenden Weges ist zu betrachten.
  • Konkrete Erschließungsvorteile die durch die wertgleiche Abfindung entstanden sind, können nicht entzogen werden, weil auf die Fortgeltung des Flurbereinigungsplanes vertraut werden muss

 


OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 19.02.2002 (Az.: 9 K 27/00)

  1. Die Einstellung des Bodenordnungsverfahrens kann bei fehlender Bestandskraft des Anordnungsbeschlusses noch nicht verlangt werden.
  2. Ein Notwegerecht sichert die Erschließung im Sinne des Flurbereinigungsgesetzes nicht.
  • "Die Einstellung des Bodenordnungsverfahrens kann von der oberen Flurbereinigungsbehörde angeordnet werden, wenn die Bodenordnung in Folge nachträglich eingetretener Umstände nicht zweckmäßig erscheint"  "Nur solche Umstände können zur Begründung eines Einstellungsbegehrens herangezogen werden, die nach Eintritt der Bestandskraft des Anordnungsbeschlusses eingetreten sind."
  • materiell-rechtlichen Voraussetzungen liegen für eine Anordnung eines LwAnpG Verfahrens vor, wenn selbständiges Eigentum an Anlagen besteht
  • bloße rechnerische Ermittlungen der Einlage und Abfindung sind nicht ausreichend um wertgleich abzufinden
  • hat ein Bodenordnungsplan die Rechtsfolge, dass ein gesetzliches Notwegerecht entsteht, ist er rechtswidrig